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Gerichtsstand: Erklärung & Bestimmungshilfe

Author Tobias S.
Tobias S.Sr. Demand & Content Marketing Manager
Zusammenfassung7 Min. Lesezeit

Was ist ein Gerichtsstand, wie wird er bestimmt, und wann gilt welcher? Die Unterschiede und gesetzlichen Grundlagen einfach erklärt.

Inhaltsverzeichnis

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Gerichtsstand: Bedeutung, Arten und Zuständigkeit übersichtlich erklärt

Kommt es im geschäftlichen oder privaten Umfeld zu rechtlichen Auseinandersetzungen, ist nicht nur die inhaltliche Klärung entscheidend – auch die Frage, welches Gericht zuständig ist, spielt eine zentrale Rolle. Diese Zuständigkeit wird durch den sogenannten Gerichtsstand geregelt. Er bildet die Grundlage dafür, an welchem Ort ein Verfahren geführt wird und welche gerichtliche Instanz dabei zum Einsatz kommt.

Die rechtlichen Regelungen zum Gerichtsstand sind komplex und hängen von verschiedenen Faktoren ab. Hier bekommen Sie einen strukturierten Überblick über gesetzliche Vorgaben, mögliche Vereinbarungen im Vertrag und Besonderheiten bei der Zuständigkeitsverteilung.

Was ist der Gerichtsstand?

Der Gerichtsstand beschreibt den Ort, an dem ein Rechtsstreit gerichtlich ausgetragen wird – also das Gericht, das sachlich und örtlich zuständig ist. Die gesetzliche Grundlage findet sich insbesondere in § 12 ZPO (auch als „12 ZPO“ oder „12 ZPO dejure“ bekannt). Nach dieser Vorschrift ist im Regelfall das Gericht am Wohnsitz der beklagten Parteizuständig. Diese Regel wird auch als allgemeiner Gerichtsstand bezeichnet.

Neben dem allgemeinen Gerichtsstand existieren jedoch zahlreiche besondere Gerichtsstände, die je nach Art der Streitigkeit einschlägig sind – etwa bei Verträgen, unerlaubten Handlungen oder besonderen gesetzlichen Vorschriften.

Allgemeiner und besonderer Gerichtsstand: Wichtige Unterscheidung

Allgemeiner Gerichtsstand

Der allgemeine Gerichtsstand richtet sich für natürliche Personen nach deren Wohnsitz, für juristische Personen (z. B. GmbH oder AG) nach dem Sitz der Verwaltung oder dem im Handelsregister eingetragenen Sitz. Hier greift typischerweise der Gerichtsstand ZPO gemäß § 17 ZPO.

Besonderer Gerichtsstand

Ein besonderer Gerichtsstand liegt vor, wenn die ZPO für bestimmte Fallkonstellationen spezielle Regeln zur örtlichen Zuständigkeit vorsieht. Zwei besonders relevante Beispiele sind:

  • Gerichtsstand des Erfüllungsorts: Gemäß § 29 ZPO ist der Ort zuständig, an dem die Verpflichtung zu erfüllen ist – etwa die Zahlung oder Lieferung.

  • Gerichtsstand bei unerlaubten Handlungen: Hier regelt § 32 ZPO, dass das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk die Tat begangen wurde.

In vielen Fällen kann daher neben dem allgemeinen auch ein besonderer Gerichtsstand infrage kommen – die klagende Person hat dann oft die Wahl zwischen mehreren Gerichten.

Gerichtsstandsvereinbarung: Was darf geregelt werden?

Ein weiteres zentrales Element in der Praxis ist die Gerichtsstandsvereinbarung – also die vertragliche Festlegung eines Gerichtsstands. Gemäß § 38 ZPO ist dies grundsätzlich erlaubt, solange:

  • beide Parteien Kaufleute oder juristische Personen sind, oder

  • die Vereinbarung nach Entstehen der Streitigkeit getroffen wird.

Die Gerichtsstandsvereinbarung Definition lautet also vereinfacht: ein vertraglich vereinbarter Gerichtsort, der von den gesetzlichen Regelungen abweichen darf. Solche Vereinbarungen müssen jedoch klar und eindeutig formuliert sein, um wirksam zu sein. Eine einseitige Festlegung – etwa nur auf einer Rechnung – reicht meist nicht aus. Trotzdem liest man häufig Formulierungen wie „Gerichtsstand ist München“ – auch bekannt als Gerichtsstand auf einer Rechnung.

Sachliche und örtliche Zuständigkeit: Die Rolle der ZPO

Die Zuständigkeit laut ZPO unterteilt sich in zwei Ebenen:

  1. Sachliche Zuständigkeit (§§ 1–23 GVG): Hier geht es darum, ob das Amtsgericht oder das Landgericht zuständig ist. Der Streitwert entscheidet: Unter 5.000 Euro ist es das Amtsgericht, darüber das Landgericht.

  2. Örtliche Zuständigkeit (§§ 12–40 ZPO): Sie bestimmt, an welchem Ort die Klage einzureichen ist – also der Gerichtsort im engeren Sinne.

Woher weiß ich, welches Gericht zuständig ist?

Ob Wohnsitz der Beklagten, gewöhnlicher Aufenthaltsort, Erfüllungsort oder Ort der unerlaubten Handlung: um den richtigen Gerichtsstand zu bestimmen, müssen Sie die Umstände des Einzelfalls prüfen. Bei Unternehmen richtet sich der Gerichtsstand nach dem Sitz der juristischen Person, oft eingetragen im Handelsregister. Bei mehreren möglichen Gerichtsständen gilt: Die Klägerin oder der Kläger hat die Wahl: es entsteht ein sogenannter „fliegender Gerichtsstand“.

Ein Beispiel: Ein Onlinehändler mit Sitz in Berlin verkauft an eine Kundin in Köln. Die Lieferung bleibt aus. Der Gerichtsstand könnte sowohl in Köln (Wohnsitz der Kundin, allgemeiner Gerichtsstand) als auch in Berlin (Erfüllungsort bei Versendung) liegen, sofern keine anderweitige Gerichtsstandsvereinbarung getroffen wurde.

Wichtige Hinweise zur Gerichtsstandwahl

  • Vertragliche Regelung: Bei B2B-Verträgen ist eine explizite Gerichtsstandsvereinbarung ratsam insbesondere, wenn mehrere Gerichtsstände denkbar sind.

  • Prüfung auf Ausschluss: Manche Gerichtsstände sind ausschließlich vorgesehen, z. B. bei Grundstückssachen: hier darf keine abweichende Regelung getroffen werden.

  • Zwangsvollstreckung: Bei Maßnahmen wie Pfändungen gelten teilweise eigene Regeln zur Zuständigkeit. Stichwort Gerichtsstände in der Zwangsvollstreckung.

Gerichtsstand digital regeln? Mit Docusign geht’s ganz einfach

Gerade bei der Gestaltung rechtskonformer Verträge spielt die eindeutige Festlegung des Gerichtsstands eine wichtige Rolle. Wer Vertragsprozesse digital und rechtssicher gestalten möchte, kann auf Lösungen wie Docusign CLM zurückgreifen. Damit lassen sich Vertragsklauseln wie die Gerichtsstandsvereinbarung effizient verwalten und nachvollziehbar dokumentieren.

FAQ – Häufig gestellte Fragen zum Gerichtsstand

Was versteht man unter einem Gerichtsstand?

Der Gerichtsstand ist der Ort, an dem ein gerichtliches Verfahren ausgetragen wird.

Woher weiß ich meinen Gerichtsstand?

Der Gerichtsstand richtet sich nach dem Wohnsitz (bei natürlichen Personen) oder dem Sitz des Unternehmens (bei juristischen Personen), sofern keine besondere Regelung gilt.

Was ist Gerichtsstand und Erfüllungsort?

Der Gerichtsstand bezeichnet den zuständigen Gerichtsort; der Erfüllungsort ist der Ort, an dem die vertragliche Leistung zu erbringen ist. Er ist häufig Grundlage für einen besonderen Gerichtsstand.

Wo ist der gesetzliche Gerichtsstand?

Er ergibt sich aus den Regelungen der ZPO in der Regel ist es der Wohn- oder Unternehmenssitz der beklagten Partei.

Was bedeutet Gerichtsstand im Vertrag?

Er legt vertraglich fest, welches Gericht im Streitfall zuständig ist unabhängig vom gesetzlichen Gerichtsstand.

Wo ist der Gerichtsstand bei einer Klage?

In der Regel am Wohn- oder Unternehmenssitz der Beklagten es sei denn, ein besonderer oder ausschließlicher Gerichtsstand greift.

Wann gilt ein ausschließlicher oder besonderer Gerichtsstand?

Bei bestimmten Streitigkeiten, z. B. Immobilien oder Unterhalt, gilt der ausschließliche Gerichtsstand zwingend.

Was bedeutet Gerichtsstand auf einer Rechnung?

Ein Hinweis auf einen gewünschten Gerichtsstand, rechtlich verbindlich ist er jedoch nur bei ausdrücklicher vertraglicher Vereinbarung.

Was ist der Unterschied zwischen Gerichtsstand und Erfüllungsort?

Der Erfüllungsort betrifft den Ort der Leistung, der Gerichtsstand den Ort der gerichtlichen Zuständigkeit beides kann zusammenfallen, muss aber nicht.

Was ist ein Fliegender Gerichtsstand bei den Amstgerichten oder Landgerichten?

Der fliegende Gerichtsstand nach § 32 ZPO ermöglicht Klägern die freie Wahl zwischen verschiedenen örtlich zuständigen Gerichten. Diese Wahlmöglichkeit besteht insbesondere bei unerlaubten Handlungen, wo sowohl der Handlungsort als auch der Erfolgsort als Anknüpfungspunkte dienen können.

Besonders relevant wird dies bei Internetverstößen: Marken- oder Urheberrechtsverletzungen können theoretisch an jedem Ort verfolgt werden, an dem die entsprechende Webseite abrufbar war. Kläger nutzen diese Flexibilität strategisch, um vor spezialisierten Kammern zu verhandeln - etwa den Pressekammern in Hamburg oder Berlin.

Ein konkretes Beispiel verdeutlicht die Praxis: Bei einer Online-Urheberrechtsverletzung kann sowohl das Amtsgericht am Wohnsitz des Verletzers als auch jenes am Abrufungsort zuständig sein. Der Bundesgerichtshof verlangt jedoch einen besonderen Inlandsbezug, um Missbrauch zu verhindern.

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